Steinstossen: Typisch schweizerisch mit langer Tradition
21. April 2022
Steinstossen gehört neben Schwingen und Hornussen zu den drei Sportarten, die am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) Pratteln im Baselbiet im Fokus stehen werden. Eine Sportart mit langer Tradition. Sie verlangt von den Athleten einiges ab. Und dies nicht nur in der Königsklasse mit dem Unspunnenstein.
Bereits die richtige Handhabung beim Aufheben des Unspunnensteins erfordert von den Athleten einiges an Geschick und Technik. 83,5 Kilogramm ist er schwer, der Unspunnenstein – der Stein aller Steine. Er gilt als die Königsklasse im Steinstossen. Nicht nur sein Gewicht ist imposant, auch seine Geschichte prägt diese traditionsreiche Sportart seit Jahrzehnten. Zweimal wurde der geschichtsträchtige Stein bereits gestohlen. Seither wird die Sportart mit einem Replikat ausgeübt. Seit über 200 Jahren geniesst der Stein grösste Aufmerksamkeit. Neben dem Unspunnenfest in Interlaken kommt er jeweils auch am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest zum Einsatz. So wird der Koloss im kommenden August auch in Pratteln im Fokus stehen, wenn die besten Steinstösser des Landes erkoren werden.
Steinstossen heisst aber nicht nur Unspunnenstein. In Pratteln wird auch mit 20 und 40 Kilogramm um Ruhm und Ehre gestossen. Die jeweils 24 besten Stösser können in Pratteln im Kampf um den Titel ein Wörtchen mitreden. Einen Startplatz müssen sich die Athleten im Vorfeld an einem der drei Qualifikationswettkämpfe in Thürnen erkämpfen.
Sportart mit langer Tradition
Das Steinstossen gehört zu den ältesten Sportarten überhaupt. In der Schweiz geht der Ursprung aufs 13. Jahrhundert zurück. An den Eidgenössischen Schwingfesten hat das Steinstossen mit dem Unspunnen- und dem 40-Kilo-Stein ebenfalls eine lange Tradition. Nach einem längeren Unterbruch gehört seit 2004 auch der 20-Kilogramm-Stein wieder als fixe Disziplin an einem ESAF dazu.
Auch wenn die Sportart auf eine traditionsreiche Vergangenheit zurückblicken kann, entwickelt sie sich immer weiter, sagt auch Patrick Thommen: «Insbesondere im Bereich der Technik.» Der Breitenbacher gehört zu den besten Stössern. Zudem ist er auch Steinstoss-Verantwortlicher beim Nationalturnverband Baselland. «Steinstossen ist eine komplette Sportart. Hier gilt es nicht nur Beine oder Arme zu trainieren. Das Gesamtpaket muss stimmen», sagt das Mitglied des Turnvereins Thürnen. In allen drei Gewichtsklassen vorne mitstossen zu können, sei eine Herausforderung und erfordert einen grossen Trainingsaufwand.
Typisch schweizerisch
«Steinstösser, die alles können, gibt es wenige», ergänzt Simon Hunziker. Der Herznacher kann aber durchaus dazu gezählt werden. Hunziker ist mehrfacher Schweizer Meister im Steinstossen in verschiedenen Gewichtsklassen. Die Faszination an der Sportart sei für ihn das Dynamische und Athletische. «Steinstossen ist typisch schweizerisch und hat viel Tradition», sagt der Unspunnen-Zweitplatzierte des ESAF 2019 in Zug. «Es ist eine Sportart, die nicht jeder kann und dennoch haben viele Leute Freude daran», so Hunziker weiter.
Der spezielle Charakter hebt auch Martin Jakober hervor. Der Obwaldner hat erst spät im Alter von 28 Jahren mit dem Steinstossen begonnen. Seither hat ihn die Sportart nicht mehr losgelassen. «Steinstossen bedeutet eine etwas andere Art des Kräftemessens wie bei den Schwingern», sagt er und ergänzt: «Ähnlich wie beim Schwingen, will auch beim Steinstossen jeder Mann stark sein.»
Steinstossen, das sind starke Männer, die ein Gewicht bewegen und von sich wegstossen. Doch wie kommt die Sportart bei Frauen an? «Die Tendenz an Frauen, die steinstossen, ist in den letzten Jahren steigend», sagt Patrick Thommen. Dies würden auch die Teilnahmen an den Schweizer Meisterschaften zeigen.
«Eine Breite ist vorhanden»
Auch im Baselbiet sei eine gewisse Breite an Stösserinnen vorhanden. In der Region, in der mit dem ESAF der diesjährige Saisonhöhepunkt stattfinden wird. «Leider fehlt noch das Niveau, um auch auf nationaler Ebene ganz vorne dabei zu sein», sagt der Steinstoss-Verantwortliche Thommen. Die Spitze fehlt in der Region aber nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern. Dank der Einführung der kantonalen Meisterschaften vor rund 30 Jahren hat das Steinstossen an Beliebtheit dazugewonnen. Es fehlt jedoch an einer breiteren Spitze. «In der Breite stösst die Sportart in unserer Region auf gute Resonanz. Beispielsweise bei den diversen Turnvereinen», so Thommen.
Die Baselbieter Chancen am ESAF-Steinstossen werden wohl überschaubar sein. Doch was ist das Erfolgsrezept beim Steinstossen? Um ganz vorne mitstossen zu können, brauche es nicht nur einen perfekten Abstoss, sagt Jakober: «Für einen guten Stoss muss alles passen. Das beginnt bereits beim Anlauf.» Kraft, Technik, Stabilität. Viele Faktoren müssen bei den Steinstössern am Saisonhöhepunkt zusammenpassen. Denn auch die Stösser fiebern bereits Ende August entgegen. «Für uns ist ein ESAF wie Olympische Spiele», sagt Simon Hunziker und schwärmt: «Wenn du mit dem Unspunnenstein in der Arena stehst, kribbelt es.» Trotz oder vielleicht gerade wegen der langen Tradition hat die Sportart in all den Jahren keineswegs an Reiz verloren. Im Gegenteil: Sie entwickelt sich weiter und mit ihr auch die Athleten, denen mit dem ESAF der absolute Höhepunkt bevorsteht.
Nach der zweiten und vor der dritten Qualifikationsmöglichkeit
Am 23. April fand in Thürnen der zweite von drei Qualifikationswettkämpfen statt. Die Resultate sowie Infos zu den Steinstoss-Kategorien am Eidgenössischen sind auf unserer Website zu finden. Die dritte Gelegenheit zur Qualifikation bietet sich am Samstag, 21. Mai ab 9 Uhr in Thürnen (BL).